Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 149

1911 - Erfurt : Keyser
45. Das liutherdenkmal. Aufbau: Am unteren Ende des Angers erhebt sich, beschäl lei von hohen Bäumen, vor der Kaufmannskirche ein einfaches und doch wuchtiges Standbild. Auf einem hohen Granitsockel steht da in Er; gegossen ein Mann, angetan mit dem fälligen Predigergewand, in den Händen die Bibel hallend, den Blick des ernsten Antlitzes fromm gegen den Himmel gewandt. Das muß ein wichtiger, bedeutender Mann gewesen sein, dem sie da aus dem hohen Cs teilt ein Gedächtnis bild errichtet haben, wirst du bei dir denken, wenn du das Denkmal zu Gesicht bekommst! Mit Andacht wirst du die Schrift entziffern, die in den Sockel eingegraben ist und also lautet: „Dr. Marlin Luther, ^zch werde nicht sterben, sondern leben und des Herrn Worl verkündigen. Psalm 118, 17." — Schauer der Ehrfurcht ergreifen dich. Das also ist das' Bildnis des teuren Gottesmannes Luther, dem die evangelische Christenheit, insonderheit das deutsche Volk, so manches heilige Gut zu danken hat. Deutung: Mit Recht hat man nach dem Modell des kunst- fertigen Meisters Fritz Schaper das Bild in Erz gießen lassen und aus den Sockel von Granil gehoben. Denn lauter und rein wie Er; war Dr. Luthers Geist und Gesinnung allewege und dabei fest, trutzig und hart wie Granitstein, immer bereit, den Kampf in Glaubenssachen gegen alle Unterdrückung kühnen Mutes zu bestehen. Wie aber Erz in klaren, glockenhellen Tönen zu erklingen vermag, so konnte auch des tapferen Mannes Herz überfließen in heiliger Andacht. Sang er uns denn nicht so manches hohe Lied von der Gottesburg, fo manches frohe Danklied von unseres Gottes Güte? Daß er hier am Denkmal die Bibel so sesl in den Händen hält, Hat ebenfalls feine gnle Bedeutung. Verdanken wir ihm doch die Übersetzung des heiligen Buches in unsere gute deutsche Muttersprache, so daß es uns beim Lesen desselben zu Mute ist, als ob Moses und die alten Propheten und Könige und auch die Evangelisten ihre Worte und Lieder in kerniger, deutscher Sprache geschrieben und gedichtet hätten. Bildschmuck: Dieser Mann hat aber sür Erfurt noch ganz besondere Wichtigkeit, wie die erhabenen Bildwerke an den Seiten und ant Rücken des Sockels zu erzählen wissen. So sieht man auf dem einen Bilde Luther als fröhlichen, die Lanle spielenden Jüngling im Kreise seiner Genossen; hier in Erfurt hat er ja einst an der Universität studiert. Hier trat er auch, von Gewissensangst getrieben, ins Augustinern ostet ein; den Abschied von seinen Freunden stellt uns ein weiteres Bild dar, neben welchem ein anderes zu sehen ist, auf dem der Ordensvikar Staupitz den jungen, niedergeschlagenen Klosterbruder Luther zu trösten und aufzurichten versucht. Aus dem dritten Bilde ist der festliche Empfang Luthers durch die Universitätsbehörden und die Bürgerschaft Erfurts ge-

2. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 118

1911 - Erfurt : Keyser
- 118 — suchte die Stadt, Anschluß an Sachsen zu gewinnen. Durch die vereinten Bemühungen des Oberratsmeisters Adolarins Huttener und des berühmten Rechtslehrers Dr. jnr. Henning Goede, wurde mit Sachsen ein freundschaftlicher Vertrag geschlossen. Durch ihn wurden alle seit 1509 den Mainzern eingeräumten Rechte sür null und nichtig erklärt und der Zustand von diesem Jahre wieder hergestellt. — So hatte Mainz in dem großen Kampfe um Erfurt doch endlich verspielt. Es war der Stadt gelungen, ihre Unabhängigkeit zu behaupten, ob freilich zu ihrem Vorteil, das bleibt dahingestellt. Wenn auch von Sachsen mit Rat und Tat unterstützt, so war Erfurt doch in Wirklichkeit auf sich allein angewiesen und dies zu einer Zeit, in welcher es durch die großen Entdeckungen und die dadurch bedingte Aenderung der Verkehrsstraßen abseits der neuen Handelswege zu liegen kam. Auch wurde der Stadt durch die Einführung des Indigo großer Schaden zugefügt, da der Waidhandel immer geringer wurde. Außerdem erhielt sie in dem von den sächsischen Fürsten begünstigten Leipzig eine gewaltige Wettbewerberin, die allmählich einen großen Teil des Erfurter Binnenhandels an sich riß. Ihr war durch kaiserliche Gunst gleich Erfurt Niederlage und Stapel und noch das Recht geworden, daß „hinfüro" kein Jahrmarkt, keine Messe oder Niederlage fünfzehn Meilen rings um die benannte Staidt aufgerichtet und gehalten werden solle, in keinerlei Weise." Wäre Erfurt damals unter sächsische Herrschaft gekommen, dann wäre ihm sicherlich eine größere Zukunft befchieden gewesen; es wäre an Leip- zigs Stelle getreten. So aber ging es mit ihm in jeder Hinsicht weiter bergab. Auch auf wissenschaftlichem Gebiete ging es rückwärts. Zwar stand die Universität zur Reformationszeit noch auf der Höhe ihres Ruhmes. Eine Zahl junger, tüchtiger Gelehrter, um den hochgefeierten Dichter Eoban Hesse geschart, verbreitete den wissenschaftlichen Ruf der Hochschule im Reich und im Ausland (s. Nr. Ii). Bald aber kehrten viele Studenten wegen der durch die Reformation veranlaßten Streitigkeiten Erfurt den Rücken und wandten sich nach den aufblühenden Universitäten Leipzig und Wittenberg. Zumal die letztere hatte einen starken Zulaus, da Luther an ihr lehrte und wirkte, der vorher als Student und Augustinermönch in Erfurt geweilt hatte (f. Nr. 38a—c, 39, 40, 41, 45 u. 46). Der Bauernaufstand 1525 brachte der Stadt keine große Schädigung. Wohl ließen die Bauern ihre blinde Wut am Mainzer Hof, der damaligen Wohnung des Statthalters, aus und plünderten eine Anzahl Kirchen und Klöster. Als aber die Nachricht von der Niederlage ihrer Gesinnungsgenossen bei Frankenhausen eintraf, verließen sie eilig die Stadt (s. Nr. 42, 43 u. 44). Die Zeit vor dem 3vjährigen Kriege, die Renaissance-zeit: Die nun folgende lange Friedenszeit, die bis zum Beginn des 30jährigen Krieges dauerte, war der Stadt und dem Wohl-

3. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 130

1911 - Erfurt : Keyser
— 130 — trächtlichen Teil seiner Ersparnisse. Er schenkte seinem Aellesten ein sür das Rechtsstnäinm sehr wichtiges Buch, ein corpus iuris (römische Rechtssammlung). Das wertvolle Buch sollte ein Lobn, vor allem aber ein Ansporn zu neuer Arbeit sein. Doch der Mensch denkt, Gott aber lenkt! (Nach Joh. Dose.) b) Luthers Eintritt ins Kloster. Gründe: Als Luther das erste Mal aus dem Krankenbette lag, hatten sich mancherlei trübe Gedanken eingestellt. Besonders, der eine: „Wie kann ich durch mein Leben einen gnädigen Gott kriegen?" quälte ihn. Er ist ihn nicht wieder los geworden, da „das ernst und gestreng Leben" der Mutter auch ihn zu einem solchen drängte. Sein einziger Wunsch war, ein srommer Mensch zu sein, untadelig in allen Geboten und Satzungen des Herrn. Dies hielt er aber nur sür möglich, wenn er in ein Kloster ginge. Das Verlangen, Mönch zu werden, beseelte ihn und wurde durch besondere Umstände vergrößert. Luther liebte es, wenn nicht öffentlich gelesen wurde, sich in der Universität Liberei auszuhalten. „Aus eine Zeit, wie er die Bücher sein nacheinander besieht, aus daß er die guten kennen lernt, kommt er über die lateinische Biblia, die er zuvor seines Lebens nie gesehen, doch vermerket er mit großem Verwundern, daß viel mehr Terte, Episteln und Evangelien drin wären, denn man in gemeinen Postillen (Predigtbuch) und in den Kirchen aus den Kanzeln pfleget auszulegen. Wie er im Alten Testament sich umsieht, kommt er über Samuelis und seiner Mutter Hanna Historien. Die durchliefet er eilend mit herzlicher Lust und Freude, und weil ihm dies alles neu war, sängt er an von Grund seines Herzens zu wünschen, unser getreuer Gott wolle ihm dereinst auch ein solch eigen Buch bescheren." Von Stund' an war der junge Magister an dieses Buch gebunden; er gewann es immer lieber. Die Bibel ging ihm über alle Rechtsbücher und ihre starren Gesetze. Das angestrengte Lernen aber warf ihn auss Krankenbett, und er glaubte sein letztes Stündlein gekommen. Ein alter Priester tröstete ihn mit den Worten: „Mein lieber Luther, seid getrost, ihr werdet dieses Lagers nicht sterben, sondern Gott wird noch einen großen Mann aus euch machen, der viele Leute trösten wird." Das Wort erfüllte sich später. Zunächst bewahrheitete es sich, daß Luther genas. Doch blieb er schwermütiger als zuvor. Er hielt es nicht mehr für möglich, durch sein jetziges Leben einen gnädigen Gott zu kriegen; nur noch im Kloster glaubte er den zür nenden Gott versöhnen zu können. Bald wurde sein ängstliches Gemüt abermals aufs höchste er schlittert. Einer seiner liebsten Freunde1) schied durch schwere Krans* ') Hieronymus Pontz (Buntz). — Er wollte mit Luther die Magister-würde erwerben, erlag aber während der Prüfung einer heftigen Nippenfell-entzündung.

4. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 133

1911 - Erfurt : Keyser
— 133 — Gehorsams durchgemacht. Selbst das Leben in Armut, die geringe Kost und das häufige Fasten fielen ihm nicht schwer, da er kein verwöhntes Muttersöhnchen war. Der Novizenmeister hatte an ihm einen guten Schüler und dieser an jenem einen freundlichen Lehrer. Nie hat derselbe es nötig gehabt, seinen L-chüler zu tadeln. Er befürwortete darum nach Verlauf des Jahres die Ausnahme Martins in den Orden. Ausnahme: Heute noch ist im hohen Chor der Augustiner- kirche die Stelle zu sehen, die Luther bei seiner Prosetzleistung lang hingestreckt berührt bat. Auf dem damals unmittelbar vor dem Hochaltar gelegenen Grabmal des Angustinerpaters Johannes Zachariä, der sich auf dem Konzil zu Konstanz den Titel eines Hus-Ueberwinders erworben hatte, lag in Kreuzesform der junge Mönch und schwur mit lauter Stimme den Eid, den ihm der Prior vorsprach: „Ich Bruder Martmus tue Proseß (Gelübde) und verspreche Gehorsam dem allmächtigen Gott und der heiligen Jungsrau Maria und dir, Bruder Winand, Prior dieses Konvents, . . zu leben ohne Eigenes und in Keuschheit gemäß der Regel des heiligen Augustinus bis an den Tod." Lutherzelle: Jetzt wurde dem Bruder Martin eine eigene Zelle zugewiesen. Kaum 3 in lang und 2 m breit, hatte sie nur Raum für einen Tisch, einen Stuhl und eine Lagerstatt, letztere mit einem Strohsack und einigen wollenen Decken. Durch das einzige Fenster sah der junge Mönch aus seine letzte Ruhestätte, den Begräbnisplatz der Brüder, der rings vom Kreuzgang eingeschlossen wurde. (Zelle im evg. Waisenhaus.) Die erste Messe: In diesem engen Raum mußte sich Bru- der Martin aus das Priesteramt vorbereiten, für welches ihn seine Vorgesetzten bestimmt hatten. Er tat es mit Furcht und Zittern und unter Gebet und Fasten, da er sich sür unwürdig und un- fähig zu solch hoher Stellung hielt. Am 2. Mai 1507 las er zagend feine erste Messe, und, als er die Hostie in der Hand hielt, durchlies ihn ein Schauer. Beinahe hätte er noch während der heiligen Handlung den Altar verlassen, wenn ihn nicht sein Lehrer daran gehindert hätte. Als aber alles wohlgelungen war, da sühlte er eine hohe Freude. Sie wurde noch vermehrt durch die Anwesenheit seines Vaters, der mit einem stattlichen Gefolge von Freunden und Bekannten auf 20 Rossen nach Ersnrt gekommen war. Er ehrte den Sohn durch eine Gabe von 20 Gulden und nahm teil an dem der Messe folgenden Festmahle. Ueber Tisch sprach Bruder Martin zu seinem Vater: „Lieber Vater, warum habt Ihr Euch so hart dawider gesetzt und wäret also zornig, daß Ihr mich nicht gerne wollet lassen ein Mönch werden und vielleicht noch itzo nicht allzu gerne sehet? Jst's doch so ein fein geruhsam und göttlich Leben!" Da antwortete der starrköpfige Alte, der noch immer unmutig über den Schritt feines Sohnes war, offen und ebrlich mit der Gegenfrage: „Ihr Gelehrten,

5. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 134

1911 - Erfurt : Keyser
— 134 — habt Ihr nicht gelesen in der Schrift, daß man Vater und Mutter ehren soll?" Bruder Martin und seine Freunde erschraken darüber und konnten fürs erste nicht antworten, dann aber wandten sie ein, daß in jenem Gewitter eine Himmelsstimme ihn gerusen habe. Doch Vater Hans entgegnete: „Wollt' nur Gott, daß es kein Teufelsgespenst wäre." Leelerrqual: Aber weder Mönchsgelübde noch Priesterweihe konnten Frieden in Bruder Martins geängstetes Herz bringen. „Ich habe wahrlich meine Ordensregel mit großem Fleiß und Eifer gehalten; ich habe mich öfters krank und beinahe zu Tode gefastet." „Ich war ein schändlicher Verfolger und Totschläger meines eigenen Lebens; denn ich saftete, betete, wachte, machte mich matt und müde über mein Vermögen." „Ich glaubte nicht an Christum, sondern hielt ihn für nichts anderes denn einen schrecklichen Richter, wie man ihn malte auf dem Regenbogen sitzend." Sein Körper wurde krank von all der grausamen Marter. Ost fanden ihn die Klosterbrüder ohnmächtig in der Zelle liegen. Sie mußten ihn dann aufheben und wieder zum Leben zurückrufen (Lntherbilder im Rathaus zu Erfurt, Nr. 5). In feiner Seelennot nahm er Zuflucht zu seiner geliebten Bibel. „Ich machte mich so vertraut mit ihr, daß ich von jedem Spruche wußte, auf welcher Seite er stand. Kein anderes Studium gefiel mir als das der heiligen Schrift; ich las eifrig darin, prägte sie meinem Gedächtnis ein. Manchmal lag mir ein einziger sinnreicher Spruch den ganzen Tag in Gedanken." Er studierte so eifrig in ihr (Lntherbilder, Nr. 6), daß man warnend zu ihm sagte: „Ei Bruder Martin, was ist die Bibel? Man soll die alten Lehrer lesen, die haben den Saft der Wahrheit aus der Bibel gesogen; die Bibel richtet alle Aufruhr an." Schweren Herzens trennte er sich von seinem geliebten Buch. Wem sollte er nun sein Leid klagen? Gott im Himmel, der ihm wegen seiner Sünden zürnte? „Die Angst mich zu verzweifeln trieb, Daß nichts denn Sterben bei mir blieb, Zur Hölle mußt ich sinken." Da schickte ihm Gott einen alten Klosterbruder; der tröstete ihn herzlich und wies ihn auf die gnädige Vergebung der Sünden. Dankbar ist Luther auch seinem Beichtvater gewesen, der seine trüben Gedanken sür Torheit erklärte und sagte: „Gott zürnt dir nicht, sondern du zürnst ihm." Sein bester Berater aber wurde Staupitz, der Ordensvikar, der auf seinen häufigen Klosterbesuchen den jungen Priester genau kennen und schätzen lernte. Luther sagt später selbst in einem Briefe an Stanpitz: „Du bist es gewesen, durch den zuerst das Licht des Evangeliums aus der Finsternis hervorzuleuchten begann in meinem Herzen." Oft hat Stanpitz lange und liebevoll mit Bruder Martin geredet, der ihm fein ge-

6. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 135

1911 - Erfurt : Keyser
135 quältes Herz ausschüttete. Er erklärte Luthers eingebildete Sünden für Humpelwerk und Puppensünden, mit denen Gott nichts zu tun haben wolle, und zeigte ihm Christus als wirklichen Heiland. „Wahrlich, zu dir spricht Christus: Du hörst meine Stimme, darum bist du mein Schäslein. das niemand ans meiner Hand reißen wird." Von Stund' an wurde Bruder Martin ruhig. Die schwere Last war von seiner Seele genommen. Mit Freude studierte er nun die theologischen Schriften. Als Staupitz nach Jahresfrist wieder im Kloster erschien, war er erstaunt über die Fortschritte seines Schülers, auf den auch alle Klosterbrüder mit Verwunderung schauten. Durch des ersteren Vermittlung wurde er als Professor an die neugegründete Universität Wittenberg versetzt. Im Alter von 25 Jahren trat Luther aus der engen Klosterzelle in den weiten Hörsaal der Hochschule. (Nach G. Oergel u. ci.) 39. Luther kommt auf feiner Wormser Reife nach Erfurt. 1521. Ladung: Die Bannbulle gebot allen Christgläubigen, den verruchten Ketzer zu sahen und nach Rom zu führen. Daraufhin gingen die Gesandten des Papstes Leo zum Kaiser und forderten von ihm, daß er den Ketzer greise. Am 6. März 1521 unterzeichnete der Kaiser das Schreiben, das den „Ehrsamen, Lieben und Andächtigen", so lautet die Anrede an den Ketzer, nach Worms auf den Reichstag berief. Ende März ritt der kaiserliche Herold Kaspar Sturm in Wittenberg ein und überbrachte Luther die Ladung unter Zusicherung eines freien Geleites von 21 Tagen. Abreise: Am Osterdienstag, den 2. April, brach Luther von Wittenberg in offenem Planwagen, den der Rat der Stadt gestellt Hatte, auf. Es begleitete ihn sein Freund Amsdorf, ein Ordensbruder, wie es die Ordensregel befahl, und ein junger pommerscher Edelmann. Der kaiserliche Herold ritt vor dem Wagen her, an den sich überall die Menschen drängten, um den berühmten Gottesmann zu sehen. Ankunft und Empfang: Am 6. April kam Luther von Weimar aus gen Erfurt gefahren. Die großartigsten Vorbereitungen waren für seinen Empfang getroffen worden (Relief = Hochbild am Luterdenkmal). Die Universität veranstaltete eine seierliche Einholung. Vierzig Mann zu Pserde ritten dem Kommenden bis nach Nohras entgegen. Erotns, der Rektor der Hochschule, ritt an der Spitze; den Reitern solgte eine zahllose Menge zu Fuß. Nachdem der Fuhrmann die Rosse gezügelt und den Wagen gehemmt hatte, begrüßte Crotns den Gottesmann in be- M Dorf No Ina heute zu Weimar gehörig, vamals im Erfurter Gebiet an der Straße nach Weimar gelegen.

7. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 136

1911 - Erfurt : Keyser
— 136 - getsterter Ansprache. Er nannte ihn einen Rächer der Lüge der f miw« sir Unlb/U Glauben geraubt, und pries sich glücklich, jetzl \ q +s nöc,l 1 3u ld,sluen- In kurzer, bescheidener Antwort ft m u J*' er .10ld,C ^re nicf)t verdiene und auch nicht gehont habe, daß er sic aber als Zeichen der Liebe dankbar an nehme. _ann bewegte sich der Zug langsam durch bichtes Volks-gedrange der Stadt zu. Mauern, Türme und Wege, Häuser Straßen und Tore waren dicht mit Menschen besetzt. In den ihm wohlbekannten Raumen des Augustinerklosters nahm Luther bei seinem Freunde, dem Prior Johannes Lange, Wohnung. Predigt m der Augustinerkirche: Die ganze Stadt war in Aufregung, zumal Luther am folgenden Tage die Kanzel besteigen sollte. Der Herold hatte es gegen ausdrückliches Verbot zusaften müssen. Wie ein Heer wogten Unzählige in die Augustiners trche, Tausende mußten draußen stehen bleiben. So über füllt war die Kirche von Menschen, daß die Emporen zu brechen drohten und das Holz laut krachte. Das verursachte eine große Aufregung unter den Zuhörern; die einen flohen, die andern aber blieben vom Schrecken gefesselt auf ihren Plätzen. Da hielt der Redner auf der Kanzel einen Augenblick inne, dann streckte er die Hand aus und sprach mit kräftiger Stimme: „Fürchtet nichts, es ist feine Gefahr da, der Teufel will mich abhalten, das Evan gelium zu predigen, aber es soll ihm nicht gelingen." Auf dieses Wort blieben die Fliehenden wieder stehen; die Versammlung beruhigte sich, und Luther sonnte feine Predigt1) weiter halten und jedem mit großer Schlichtheit sagen, wie er fromm werde und *ur Seligkeit komme. Abreise: Bis zum 8. April weilte Luther in Erfurt. Die Universität veranstaltete ihm zu Ehren noch ein Festmahl, der Rat der Stadt überhäufte ihn mit Ehren, und das Volk verehrte ihn wie einen Heiligen. Ueber Gotha und Eisenach gings dann weiter, zunächst nach Frankfurt. Jmmermehr glich feine Reife einem Triumphzug, trotzdem überall der kaiserliche Befehl angeschlagen war, der die Auslieferung der vom Papste verdammten Schriften Luthers verlangte. Bängliche Freunde glaubten, ihn jetzt vor der Weiterreise warnen zu müssen; doch er blieb fest: „Ich' will hinziehen, wenn gleich so viel Teufel drin wären als Ziegel auf den Dächern." (Nach D. Dr. Bärwinkel u. a.) 40. Luther auf der Warfburg. Auf der Heimfahrt: Ant Freitag, den 26. April, reifte Luther mit denselben Männern, die ihn auf der Hinreise begleitet hatten, wieder von Worms ab. Heimwärts nach Wittenberg ging Suttier predigte über das Sonntagsevangelium „Habt Friede" Job. 20, 19—31 mit Uebeigehung der Geschichte vom zweifelnden Thomas.

8. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 137

1911 - Erfurt : Keyser
— 137 — die Fahrt im Lenzessonnenschein. Am 2. Mai langte er abends in Eisenach an, von wo er 20 Jahre zuvor als fröhlicher Student gen Erfurt gewandert war. Ausgestoßen aus der Kirche und gebannt vom Papste, doch umjubelt vom deutschen Volke, kehrte er zurück. Von Eisenach ging die Fahrt weiter durch den Thüringer Wald. Nichts lag da näher, als daß er einen Abstecher nach Möhra, der elterlichen Heimat, unternahm, um die Verwandtschaft zu besuchen. Er war Gast bei Heinz Luther, dem Bruder seines Vaters, und verkündete in der Dorfkirche das Wort Gottes, wie er es auch in Eisenach getan hatte. Bei seiner Abreise gaben ihm Verwandte und Freunde das Geleit bis Allenstein und nahmen beim Anbruch der Nacht innigen Abschied. Ueberfall bei Altenstein: Nun gings in den tiefen, dun- keln Wald. Zu beiden Seiten des engen, tiefen Hohlweges ragten hohe, dichtbewaldete Hügel empor. Dumpf rauschten die Wipfel der Tannen, und über krachendes Gezweig stob flüchtiges Rot-wild. Es war schier unheimlich; der schreckhafte Ordensbruder fuhr bei jedem Geräusch zusammen. Auf einmal vernahm man das Schnauben von Rossen und das Klirren von Harnischen. Da sprengten auch schon in höchster Eile gepanzerte Reiter mit geschlossenem Visier (Helmgitter) daher. Bei einer großen Buche in der Nähe eines Brunnens stießen sie aufeinander und umringten die Wagen. Der Ordensbruder schrie Mordio und ergriff eilends die Flucht. Amsdorf, in den Plan eingeweiht, erging sich, um den Fuhrmann zu täuschen, in lauten Schmähungen über die frechen Straßenränder. Diese aber bedrohten mit gespannter Armbrust den zitternden Wagenlenker, ihnen zu sagen, welcher der ruchlose Ketzer sei. Scheltend und fluchend rissen sie dann Luther aus dem Wagen und eilten mit ihm tiefer in den Wald. Amsdorf aber schrie immer lauter über die angetane Gewalt, indes die Reiter verschwanden. Anfangs mußte Luther zu Fuß folgen, dann aber setzten sie ihn aufs Pferd. Um falsche Fährte zu hinterlassen, sprengten sie zuerst gen Morgen und kreuz und quer durch den Wald, bis sie nordwärts die Richtung nahmen. Außer Hörweite des Fuhrmanns behandelten die fluchenden Gesellen ihren Gefangenen überaus fein und höflich und ritten mit ibm gegen 11 Uhr in der Nacht durch das Tor der Wartburg. Auf der Wartburg: Der Schloßhauptmann Hans von Berlepsch zog das Barett und begrüßte den Gast sehr ehrerbietig als Herrn Junker Georg. Sorgsam wachte er auch darüber, daß das Geheimnis der Person des fremden Ritters gewahrt blieb. — Eine goldene Kette schmückte nun Luthers Brust, und bald umrahmte ein stattlicher Vollbart sein Antlitz. Bei Wanderungen in die Umgebung, beim Ausritt in die Wälder und auf dem Wege nach der Stadt begleitete ibn, der dann wie ein Ritter das Schwert

9. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 138

1911 - Erfurt : Keyser
— 138 — an der Leite trug, ein vertrauter Knecht. Oben auf der Burg aber wartete ihm ein Edelknabe auf. Der Schloßgast streifte zur Erholung am liebsten durch deu herrlichen Sommerwald und versuchte selbst, ein Weidmann zu werden. Doch er konnte der Jagd keinen Geschmack abgewinnen. Die armen, gehetzten Tiere taten ihm leid, und als die Hunde ein mal ein Junghäslein, das der Junker vor dem Tode gerettet und in seinem Mantel geborgen hatte, aufstöberten und zerrissen, warf er die Armbrust für immer fort. Viel lieber lauschte er den vielen Vogelstimmen des Waldes, erfreute er sein Auge an der Blumen Pracht des Sommers und an der herrlichen Aussicht von der Höhe der Burg. Als die verräterische Tonsur (geschorene Stelle aus dem Scheitel» von Haaren verdeckt war, ritt er, um sich Bewegung zu machen, zu Tal bis Gotha und Reinhardsbrunn, ia sogar bis nach Ersurt ist er von der Wartburg gekommen. Der Knecht, der ihn begleitete, hatte aber von dem Schloßhauptmann für diese weiten Ritte besondere Weisungen erhalten. Wenu der Ritter einmal mit den Leuten ein eifriges Zwiegespräch hielt, wenn er sich gar als Mönch oder Gottesmann zeigen wollte oder ein Buch aus der Tasche zog, führte der Knecht schleunigst das Pferd vor, und Luther folgte dem verständlichen Winke. In Erfurt: Also soll es einmal zu Erfurt in der „hohen Lilie" geschehen sein. Als da über der Mahlzeit Luthers gedacht wurde, fragte er: „Was hat denn Luther alles gesagt und ge- tan?" Darüber kam es zu einer scharfen Auseinandersetzung. Der Knecht aber ries ihn alsbald von der Tafel ab und erinnerte ihn, daß er sich nicht verraten, sondern bald sortreiten möchte, welchem Rat er auch folgte. Bibelübersetzung: Die meiste Zeit des Tages faß Luther aber auf dem Drehstuhle vor dem Schreibtisch. Er hatte ein schwieriges Werk begonnen, die Uebersetznng des Neuen Testamentes aus dem griechischen Urtext. In drei Monaten seines Ansenthaltes vollendete er das gewaltige Werk. Im September 1522 waren 5000 Stück gedruckt und trotz des hohen Preises von iy2 Gulden innerhalb derselben Zeit verkauft. Rückkehr: Am 1. März 1522 verließ er die gastliche Wart- burg und traf am 6. März in Wittenberg ein. Hoch zu Roß und ohne alle Heimlichkeit hielt er allda seinen Einzug. (Nach Joh. Dose.) 41. Die Einführung der Reformation in Erfurt. Verkündigung der Bannbulle in Erfurt: Luthers Thesen wurden am 11. November 1517 in Erfurt bekannt. Nun galt es auch hier, sich für oder gegen sie zu entscheiden. Luther selbst war viel daran gelegen, die Professoren der berühmten Universität auf seiner Seite zu haben. Doch sein Wunsch erfüllte sich

10. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 139

1911 - Erfurt : Keyser
— 139 — nicht: man wollte von dem Nenerer nichts wissen. So kam es, daß kurze Zeit Danach die ideologischen Professoren die hohe Ehre, in dem Streite zwischen Luther und 6cf Richter zu sein, ablehnten. Bald aber wurde die Stimmung für Luther günstiger. Das zeigte sich bei der Verkündigung der Bannbulle. Tr. Eck, der zu diesem Zwecke in der Stadt weilte, hatte die Hochschule schriftlich zur Veröffentlichung des päpstlichen Schreibens ausgefordert. Was aber geschah? Die Studenten stürmten den Laden des Buchdruckers, nahmen die fertigen Abzüge an sich und warfen sie in die Gera, wobei sie spöttisch ausriefen: „Bulla est, natet!“ — „Es ist eine Blase (= Bulle), möge sie schwimmen!" Dann lehnten die Professoren die Forderung Ecks ab mit der Begründung, daß noch größere Ausschreitungen zu befürchten seien. Hiermit gab sich selbst der Erzbischof zufrieden. — Auf Luthers Seile freilich hatte die Universität auch diesmal nicht gestanden, sie hatte aber auch nicht gegen ilm gehandelt. Diefen geringen Erfolg verdankte Luther den Humanisten. Sie, die Verehrer und Pfleger alter Sprachen, hielten zur Zeit theologische Vorlesungen an der Hochschule und standen aus seiner Seite. Die ersten Prediger des Evangeliums in Erfurt und ihr Erfolg: Ein Gutes hatte die Ablehnung der Eckschen For- derung aber doch zur Folge. Der Streit, der darüber zwischen den Anhängern der alten Kirche und den lutherisch Gesinnten ausgebrochen war, kam nicht wieder zur Ruhe. Er wurde weiter fortgeführt, bis er mit dem Siege der letzteren endete. Als erster trat Dr. Johannes Lang, der beste Freund Luthers, für das Evangelium in Erfurts Mauern ein. Selbst ein Erfurter Kind, war er wie Luther, doch wohl ein Jahr später und 20 Jahre alt, in das Auguftinerkloster eingetreten. Hier schlossen sich beide eng aneinander. Gleich Luther lehrte auch er einige Jahre an der Universität Wittenberg. Nach Erfurt zurückgekehrt und zum Prior seines Klosters gewählt, war es seine Ausgabe, die Wissenschaften daselbst zu pflegen. Er lehrte besonders Griechisch, und viele Mönche aus den verschiedensten Klöstern wurden zu ihm geschickt, um diese Sprache zu erlernen. Um Lang, der gleich Luther nicht seine, sondern die Sache Christi führen wollte, scharte sich bald eine größere Zahl von Professoren. Wir wissen bestimmt, daß Eobanus Hesfns, Eordus, Justus Jonas und Erolus Rubianus, der Rektor der Universität, auf feiner Seite standen. Auch im Rate der Stadt waren viele lutherisch gesinnt, zumal der Oberratsmeister Adolarius futtertet wandte sich begeistert der neuen Lehre zu. So kam es, daß Dr. Johannes Lang ungehindert das Evangelium predigen und neben ihm auch andere der neuen Lehre Ausdruck geben konnten, z. B. Georg Petz, genannt Georg Forchheim, in der Michaeliskirche, Anton Wesch, genannt Antonius Mufa, in der Moritzkirche, Justus Jouas,
   bis 10 von 8622 weiter»  »»
8622 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 8622 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 7
1 356
2 277
3 84
4 572
5 547
6 32
7 109
8 119
9 33
10 1517
11 57
12 53
13 55
14 0
15 12
16 78
17 1
18 25
19 43
20 41
21 53
22 22
23 18
24 8
25 916
26 155
27 6988
28 22
29 23
30 11
31 392
32 153
33 313
34 149
35 21
36 527
37 4080
38 15
39 158
40 21
41 36
42 805
43 28
44 19
45 1497
46 193
47 661
48 59
49 5

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 11137
1 26735
2 5782
3 19942
4 18671
5 10188
6 13074
7 7905
8 14099
9 21673
10 8858
11 12723
12 15174
13 9894
14 8565
15 7218
16 44744
17 105387
18 7342
19 17455
20 10876
21 31152
22 6765
23 25749
24 15520
25 11943
26 11380
27 7978
28 18597
29 10173
30 4151
31 6858
32 6611
33 7821
34 9208
35 6566
36 14930
37 12620
38 14572
39 22233
40 11186
41 18774
42 22768
43 17151
44 7983
45 40666
46 9651
47 7570
48 13671
49 13768
50 12662
51 9258
52 15525
53 9335
54 17341
55 9333
56 12517
57 9429
58 6175
59 10703
60 12590
61 10941
62 7693
63 5921
64 12434
65 11811
66 13772
67 7030
68 21590
69 10509
70 23801
71 17325
72 17377
73 11241
74 10598
75 14030
76 28755
77 55200
78 7381
79 11975
80 6913
81 8910
82 19867
83 14702
84 19362
85 9899
86 10205
87 19546
88 6227
89 6088
90 8622
91 15102
92 91183
93 6114
94 45478
95 13197
96 9023
97 8738
98 47884
99 3858

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 85
1 21
2 31
3 99
4 589
5 74
6 25
7 88
8 36
9 54
10 62
11 11
12 74
13 25
14 9
15 0
16 216
17 5
18 366
19 186
20 1
21 4
22 1
23 10
24 32
25 55
26 2590
27 3
28 17
29 87
30 86
31 84
32 3
33 1279
34 5
35 6
36 12
37 1
38 33
39 171
40 2034
41 10
42 30
43 112
44 44
45 22
46 43
47 26
48 26
49 202
50 217
51 141
52 61
53 9
54 245
55 547
56 1
57 61
58 3791
59 1061
60 10
61 43
62 148
63 16
64 87
65 160
66 34
67 52
68 339
69 176
70 34
71 48
72 104
73 47
74 120
75 100
76 7
77 546
78 13
79 25
80 357
81 1101
82 34
83 2
84 11
85 7
86 3
87 4
88 65
89 8
90 2
91 194
92 149
93 45
94 54
95 2
96 39
97 286
98 27
99 57
100 1841
101 11
102 327
103 60
104 0
105 28
106 409
107 11
108 0
109 5
110 105
111 142
112 57
113 7
114 45
115 4
116 115
117 25
118 27
119 3
120 10
121 80
122 27
123 45
124 168
125 38
126 45
127 121
128 81
129 11
130 64
131 347
132 28
133 11
134 10
135 24
136 990
137 6
138 3
139 9
140 42
141 4
142 93
143 242
144 54
145 172
146 6
147 159
148 630
149 30
150 37
151 75
152 175
153 7
154 53
155 46
156 48
157 38
158 555
159 21
160 1
161 3289
162 2
163 2
164 25
165 74
166 225
167 56
168 13
169 138
170 19
171 64
172 155
173 683
174 28
175 624
176 57
177 1146
178 8
179 1205
180 13
181 7
182 564
183 1206
184 95
185 5
186 24
187 160
188 21
189 9
190 0
191 228
192 42
193 2
194 526
195 2
196 322
197 70
198 19
199 230